13 - Verfahren mit Videoaufzeichnungen

Verbandsgericht Nr. 00034-25/26-4000001: 

Berufung im Umlaufverfahren gegen das Urteil Nr. 00235-25/26-4000003 der Spruchkammer Musterland zum Meisterschaftsspiel der Herren B-Klasse Musterkreis Süd zwischen FK 14 Neumusterheim und VfB Altmusterbach 1946

 

Urteil

1. Die Berufung des Vereins FK 14 Neumusterheim gegen das Urteil Nr. 00235-25/26-4000003 der Spruchkammer Musterland vom 12.11.2025 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Berufungsführer.

 

Gründe:

I.

Das streitgegenständliche Spiel – ein Heimspiel des berufungsführenden Vereins FK 14 Neumusterheim - fand am 09.11.2025 statt und endete mit 5:2 für die Heimmannschaft. Nach dem Spiel verfasste der Abteilungsleiter Fußball des VfB Altmusterbach 1946 einen Sonderbericht und beantragte unter Behauptung eines „gravierenden Regelverstoßes des Schiedsrichters“ das Spielergebnis nicht zu werten, sondern ein Wiederholungsspiel anzusetzen:

 

Nach Darstellung des VfB Altmusterbach 1946 erhielt in der 22. Spielminute der Spieler Max Mustermann (Nr. 17) des FK 14 Neumusterheim eine gelbe Karte verbunden mit einer 10-minütigen Zeitstrafe („gelb plus“). In diesem Kontext sollen dem Schiedsrichter drei Fehler unterlaufen sein:

 

  • Die Zeitstrafe wurde mit einer fehlerhaften Gestik angezeigt;
  • Die Rückkehr des Spielers auf das Feld wurde nicht in einer Spielpause, sondern während des laufenden Spiels gestattet und
  • Der Spieler durfte nicht erst nach 10 Minuten, sondern bereits nach fünf Minuten und 40 Sekunden, also in der 28. Spielminute, wieder auf das Spielfeld zurückkehren.

Zum Nachweis dieser Schilderung beruft sich der VfB Altmusterbach 1946 auf einen Videomitschnitt, der aus einer selbst gefertigten Spielaufzeichnung stammt.

 

Der FK 14 Neumusterheim räumt in seiner Stellungnahme die „gelbe Karte plus“ gegen den Spieler Max Mustermann ein, verweist aber darauf, dass man den Schiedsrichter nach Ablauf der Zeit ausdrücklich gefragt habe, ob der Spieler auf das Feld zurückkehren dürfe, was dieser bejaht habe. Der Spieler sei auch tatsächlich zehn Minuten außerhalb des Feldes gewesen.

 

Der Einsatz von Videoaufnahmen als Beweismittel sei in der B-Klasse nicht vorgesehen oder offiziell zugelassen und würde auch, wenn man die möglichen Einsatzbereiche zu Ende denke, „den Rahmen und den sportlichen Gedanken im Amateurfußball deutlich sprengen“. Das Endergebnis (5:2) spreche eine klare Sprache, die nachträgliche Anfechtung empfinde man als „unangemessen und unsportlich“.

 

Die Spruchkammer Musterland hat dem Protest des VfB Altmusterbach 1946 stattgegeben und den Staffelleiter angewiesen, das Spiel neu anzusetzen. Das vorgelegte Videomaterial wurde hierbei als Beweismittel verwertet. Auf dieser Grundlage sah die Kammer die Angabe des Schiedsrichters selbst – der auf Rückfrage durch Staffelleiter und Kammervorsitzenden angegeben hatte, er habe den Spieler nach seiner Uhr erst in der 32. Minute und daher nach Ableistung der vollen zehn Minuten wieder aufs Feld gelassen – als widerlegt an und sieht insbesondere in der Tatsache, dass der Spieler ca. vier Minuten und 20 Sekunden früher wieder am Spiel teilnehmen konnte, einen möglichen Einfluss auf den Spielverlauf.

 

Gegen diese Entscheidung richtet sich das Rechtsmittel des FK 14 Neumusterheim. Der Berufungsführer wiederholt sein früheres Vorbringen und hält das Video für nicht verwertbar, weil es ohne Genehmigung auf Privatgelände gedreht worden und daher unter Verstoß gegen die DSGVO und das KunstUrhG zustande gekommen sei.

 

II.

Die zulässige Berufung erweist sich als unbegründet. Die Spruchkammer Musterland hat den Staffelleiter zurecht angewiesen, das Spiel neu anzusetzen.

 

Entgegen der Auffassung des Berufungsführers stellt der Videomitschnitt ein verwertbares Beweismittel dar.

 

  • In der Erstellung der Aufnahmen liegt zunächst weder ein Verstoß gegen das KunstUrhG, noch gegen die DSGVO. Bei öffentlichen Veranstaltungen (dazu gehören auch Sportveranstaltungen mit nur regionaler oder lokaler Bedeutung, zu denen jeder Interessierte Zutritt hat) dürfen Filmaufnahmen gem. § 23 KunstUrhG auch ohne ausdrückliche Zustimmung der Beteiligten gefertigt werden. Mit Blick auf § 6 DSGVO ist vorliegend nicht zu erkennen, dass die Interessen der betroffenen Personen die Interessen des oder der Vereine an den Aufnahmen von Sportveranstaltungen grundsätzlich überwiegen würden (was indes nötig wäre; vgl. mit Blick auf das <gravierendere und insoweit umstrittene> Livestreaming von Amateursportveranstaltungen etwa Zöllner, SpuRt 2023, 262). Entsprechend ist das Aufzeichnen von Spielen – insbesondere zur späteren Analyse und Trainingsoptimierung – zwischenzeitlich auch in den unteren Ligen weit verbreitet.

 

  • Wenn derartige Mitschnitte vorliegen bestehen auch keine Bedenken dagegen, sie im Rahmen von sportgerichtlichen Verfahren zu benutzen. Der Umfang der Beweisaufnahme steht im Ermessen des Rechtsorgans und kann sich auch auf Videos erstrecken, die von den Vereinen selbst oder von Zuschauern gefertigt wurden (vgl. auch § 33 Ziff. 5 SWFV-RVO, der die Heranziehung elektronisch gespeicherter Aufzeichnungen ausdrücklich erlaubt). Welche Schlüsse man dann ggf. aus den Aufnahmen zieht ist eine Frage der Beweiswürdigung, nicht der Erhebung des Beweises. Vorliegend dokumentiert der Mitschnitt, dass die Rückkehr des Spielers auf das Feld bereits nach fünf Minuten und 40 Sekunden erfolgt ist.

 

  • Dem Berufungsführer ist dahingehend zuzustimmen, dass Tatsachenentscheidungen des Schiedsrichters (vgl. § 33 Ziff. 3 f SWFV-RVO) nicht unter Verwendung von Videomitschnitten korrigiert werden dürfen. So wäre die Tatsache, dass der Schiedsrichter vorliegend „gelb plus“ gezeigt hat, einem nachträglichen Angriff entzogen. Abweichend ist es aber zu beurteilen, wenn dem Schiedsrichter ein Regelverstoß nachgewiesen werden kann. So liegt es hier, denn die Dauer der Zeitstrafe steht nicht im Ermessen des Schiedsrichters, sondern beträgt vorgegebene zehn Minuten. Wird dem Spieler bereits nach fünf Minuten und 40 Sekunden die Rückkehr auf das Feld gestattet, so liegt darin ein Regelverstoß, was vorliegend auch durch eine sachverständige Stellungnahme aus dem Schiedsrichterwesen bestätigt wird.

 

Geht man somit von einer anfechtbaren Entscheidung des Schiedsrichters aus, die der gerichtlichen Überprüfung unterliegt, so richtet sich deren Beurteilung nach § 29 SPO-SWFV. Nach dem letzten Satz dieser Vorschrift kann eine Neuansetzung des Spiels erfolgen, wenn ein Regelverstoß zu einer Beeinträchtigung des Spielergebnisses geführt hat. Das Verbandsgericht hat in ständiger Rechtsprechung hierzu ausgeführt (vgl. bspw. Urteil Nr. 23 aus 2022/23 und Nr. 13 aus 2020/21), dass grundsätzlich eine Einzelfallentscheidung zu treffen ist. In den Fällen, in denen die nicht entfernte Möglichkeit eines anderen Spielverlaufs besteht, der zu einem anderen spielentscheidenden Ergebnis führen kann, ist regelmäßig eine Neuansetzung angezeigt.

 

Im vorliegenden Fall ist dies nach dem Spielverlauf nicht auszuschließen. Das Endergebnis von 5:2 für die Heimmannschaft klingt zwar deutlich, zum Zeitpunkt der Verhängung der Zeitstrafe stand es indes erst 1:1 und auch kurz vor Ende der regulären Spielzeit stand es nur 3:2 für den FK 14 Neumusterheim. Die Zeitstrafe wurde auch nicht nur marginal unterschritten, sondern um mehr als 40 %. Die Möglichkeit eines abweichenden Spielverlaufs ist damit nicht so unwahrscheinlich, als dass eine Neuansetzung unterbleiben könnte.

 

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Berufungsführer zur Last (§ 15 RVO).

 

Verbandsgericht

Verbandsgericht Nr. 28 (2019/20)

Nr. 00028-19/20-4000001: Berufung im Umlaufverfahren gegen die Urteile Nr. 00197-, Nr. 00198- und Nr. 00199-19/20-4000003 der Spruchkammer zu den Vorgängen bei dem Hallenturnier des VfB Musterheim vom 10.01.2010.

 

Urteil: Auf die Berufungen des Kreisauschusses, der TuRa Musterbüttel und FK Neumusterheim werden die Urteile Nr. 00197-, Nr. 00198 und 00199-19/20-4000003 der Spruchkammer wie folgt abgeändert:

Die Spieler der TuRa Musterbüttel Max Donald Mustermann (Trikotnummer 20) und Daniel Mustermann (Trikotnummer 22) werden wegen einer begangenen Tätlichkeit mit einer Spielsperre von jeweils 12 Monaten belegt, § 7 Nr. 4 a) StrafO. Die insoweit gegen Richard Musterkreuz (FK Neumusterheim) ausgesprochene Spielsperre bleibt aufrechterhalten. Aus der dem Verbandsgericht vorliegenden Videoaufzeichnung ergibt sich eindeutig, dass Max Donald Mustermann und Daniel Mustermann den Torhüter jeweils mit einem Faustschlag attackiert haben. Richard Musterkreuz kommt dazu gelaufen und tritt dem am Boden kauernden Torhüter sodann ins Gesicht. Diese Videoaufnahme, die nicht nur einfache Regelübertretungen, sondern nicht unerhebliche Straftaten dokumentiert, ist vor dem Hintergrund des Aufklärungsinteresses der Allgemeinheit an den begangenen Straftaten aber auch des Verbandes im Hinblick auf die Erfüllung seiner satzungsgemäßen Aufgaben verwertbar (vgl. bspw. nur BGH NJW 2018, 2883 zu sog. Dashcamaufzeichnungen). Eine Überführung von Gero Mustermann war in diesem Zusammenhang nicht möglich, zumal auch die Zeugen in der erstinstanzlichen Sportgerichtsverhandlung kein ahndungswürdiges Verhalten bestätigen konnten. Im Hinblick auf die Bemühungen von TuRa Musterbüttel ist die Geldstrafe zu ermäßigen und mit 350,-€ festzusetzen; die Geldstrafe für FK Neumusterheim entfällt. Von den Kosten des Berufungsverfahrens (25,- Euro) fallen TuRa Musterbüttel, FK Neumusterheim und der Verbandskasse jeweils ein Drittel zur Last.

 

Aufstellung Verfahrenskosten/Berufungsgebühr/Urteilsgebühr:

FK Neumusterheim 8,33 Euro / 20,- Euro / 10,- Euro

TuRa Musterbüttel 8,33 Euro / 20,- Euro / 10,- Euro

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 15 RVO.