"Ein Matchplan ist wichtig" - 3. Liga-Aufsteiger Tom Bauer im Interview

18.09.2020
Tom Bauer im Interview

Am 18. September startet die 3. Liga in die neue Saison. Der Südwestdeutsche Fußballverband (SWFV) blickt nicht nur wegen des 1. FC Kaiserslautern gespannt auf die kommende Spielzeit. Mit Schiedsrichter Tom Bauer (VfL Neuhofen) freut sich der SWFV über einen Aufsteiger in den DFB-Bereich. Neben Patrick Kessel ist der 23-jährige Tom Bauer nun der zweite Schiedsrichter aus dem Südwesten auf der Liste der Unparteiischen der 3. Liga. Im SWFV-Interview spricht Tom Bauer über die Anfänge seiner Schiedsrichter-Laufbahn, den rasanten Aufstieg sowie die Vorbereitung auf die neue Saison und appelliert an alle, die Prüfung abzulegen und Schiedsrichter zu werden.

 

SWFV: Tom, zunächst möchten wir dir zu deinem Aufstieg als Schiedsrichter in die 3. Liga gratulieren. Stell dich den Leser*innen doch bitte zunächst einmal kurz vor.

Bauer: Vielen Dank. Ich bin Tom Bauer, noch 23 Jahre alt, Student (Lehramt Deutsch und Sport) und lebe in Mainz. Aufgewachsen bin ich in und um Ludwigshafen am Rhein. Sportbegeistert war ich seit klein auf und habe früh angefangen Fußball zu spielen. Einen kleinen sportlichen Ausflug hatte ich noch in die Kategorie Tanzen. Dort habe ich in einer Formation Hip-Hop getanzt.

Seit 2016 lebe ich nun in Mainz und studiere an der Johannes-Gutenberg-Universität. Zudem arbeite ich an der IGS LuGa als Vertretungslehrer.

 

SWFV: Was hat dich dazu bewegt, Schiedsrichter zu werden?

Bauer: Das habe ich meiner Mutter zu verdanken, denn sie fand mich teilweise etwas zu kritisch dem Schiedsrichter gegenüber und forderte mich auf, es besser zu machen. Da packte mich der sportliche Ehrgeiz und ich wurde Schiedsrichter. Den netten Nebeneffekt, dass die Schiedsrichterei mein Taschengeld aufgebessert hat, nahm ich gerne mit.

 

SWFV: Welche Stärken sind für einen Schiedsrichter enorm wichtig?

Bauer: Zuverlässigkeit und auch Souveränität sind sehr wichtige Eigenschaften. Ein Schiedsrichter ist ständig in der Situation, Entscheidungen zu treffen und hinter diesen auch zu stehen und diese zu vertreten. Selbstbewusstsein, um sicher aufzutreten, ist daher wichtig. Dieses Selbstbewusstsein muss aber gesund portioniert sein, da das nicht in Arroganz übergehen sollte. Dies ist oft ein schmaler Grat. Deshalb ist Demut mindestens genauso wichtig – wenn nicht sogar wichtiger. Zu den mentalen Fähigkeiten, die ein Schiedsrichter mitbringen muss, gehört auch die körperliche Fitness und eine sehr gute Regelkenntnis.

 

SWFV: Mit erst 23 Jahren bist du nun in die 3. Liga aufgestiegen. Was bedarf es, um in diesem Alter bereits den Sprung in den Profifußball zu schaffen?

Bauer: Mein großer Vorteil ist, dass ich früh mit der Schiedsrichterei angefangen habe, worüber ich sehr froh bin, und das nicht nur sportlich gesehen. In den ersten Jahren hat die Schiedsrichterei mich reifen lassen und das tut sie auch heute noch. Dies hat mir sowohl sportlich als auch privat weitergeholfen. Großes Glück hatte ich auch, dass ich durch meine Familie enorme Unterstützung erfahren durfte. Mein Vater fuhr mich, als ich noch keinen Führerschein hatte, zu fast jedem Spiel.

Ich hatte das Glück, dass ich in der Schiedsrichtervereinigung Rhein-Pfalz früh gefördert und gefordert wurde. Nachdem der Sprung in die Leistungsklasse geschafft war, fasste ich dort früh Fuß und durfte in diesen Klassen von offiziellen Beobachtungen profitieren und entwickelte mich weiter. Fehler gehören zu unserer Tätigkeit dazu. Wichtig hierbei ist sich immer wieder selbst zu hinterfragen und an Feinheiten zu arbeiten. Mir wurde das Vertrauen geschenkt, mich immer wieder in höheren Spielklassen zu beweisen und nun ist es die 3. Liga, worüber ich mich extrem freue.

 

Tom Bauer - SWFV Schiedsrichter in der 3. Liga

SWFV: Wann und wie hast du von deiner Nominierung erfahren? Warst du überrascht oder hast du in diesem Jahr bereits mit dem Aufstieg gerechnet?

Bauer: Es war an einem Freitag und ich war auf dem Weg zu einer Sitzung. Heribert Ohlmann, unser Regionalverbandsobmann, rief mich an und teilte mir die Info über die Nominierung mit. Ich war sehr überrascht, da ich mit dem Aufstieg nicht gerechnet hatte. Die Freude war umso größer.

 

SWFV: Wie hast du dich, speziell während der spielfreien Zeit, auf die neue Saison vorbereitet? Hast du nach deiner Nominierung für die 3. Liga deine Vorbereitung auf die neue Spielklasse angepasst?

Bauer: Die spielfreie Zeit zog sich dieses Jahr leider deutlich länger als in den vorigen Jahren. Niemand wusste wann oder wie es weitergehen soll. In dieser Zeit fiel es mir auch etwas schwerer, mich für das Training zu motivieren. Zum Glück war das Wetter während des Lockdowns überwiegend gut, sodass ich mich mit Läufen und Fitnesseinheiten am Rhein fit halten konnte.

Nach meiner Nominierung stieg meine Motivation extrem an. Ich wollte direkt am nächsten Tag auf den Platz und eine Einheit absolvieren. Gerade in der Vorbereitung trainiere ich täglich. Während der Runde darf das Training auch nicht zu kurz kommen. Dies wird dann so angepasst, wie die kommenden Einsätze liegen. Ausdauer, Schnelligkeit, Athletik und Beweglichkeit sind wichtig im Training. Durch Trainingspläne vom DFB wurde das Training spezifischer und gezielter.

 

SWFV: Was musstest du erbringen, um dich letztendlich tatsächlich für die höhere Spielklasse zu qualifizieren?

Bauer: In der Regionalliga wurde ich bei jedem Spiel beobachtet und gecoacht. Bei diesen Beobachtungen gab es auch immer eine Note, woraus letztendlich eine Tabelle erstellt wird. Die Platzierung ist allerdings nicht alles, denn die Perspektive und das Alter ist heutzutage in der Schiedsrichterei wichtig.

 

Tom Bauer

SWFV: Am 18. September startet die 3. Liga in die neue Saison. Hast du bereits einen Spielauftrag für die neue Spielklasse oder wann rechnest du mit deinem Debüt im Profifußball?

Bauer: Eine Ansetzung in der 3. Liga habe ich noch nicht, aber ich denke auch diese wird bald kommen. Ich durfte in der ersten Runde des DFB-Pokal als Schiedsrichterassistent agieren. Das war schon ein sehr tolles Erlebnis.

 

SWFV: Wie bereitest du dich speziell auf eine Partie vor? Gibt es hierzu im Profifußball Unterstützung seitens des DFB?

Bauer: Die körperliche Fitness ist für jedes Spiel enorm wichtig, sodass ich dies als Grundlage sehe. Vor dem Spiel setze ich mich mit den Mannschaften auseinander. Wie ist die Tabellenkonstellation? Welche Art von Fußball spielen die Mannschaften? Mit wem stehe ich auf dem Platz? Es gibt hierzu seitens des DFB eine sehr gute Unterstützung u.a. mit Videomaterial, sodass wir uns bestens auf die Partien vorbereiten können. Eine gute Vorbereitung ist sehr wichtig, aber genauso wichtig ist es mir, dass ich mich nicht auf eine Vermutung wie das Spiel laufen könnte festfahre, denn Überraschungen gibt es immer wieder. Ein Matchplan ist wichtig, aber dieser muss immer wieder auf das Spiel und die Situation angepasst werden.

 

SWFV: Was kannst du jungen Schiedsrichtern mit auf den Weg geben, die es wie du in den Profifußball schaffen wollen?

Bauer: Zunächst möchte ich alle die noch kein/e Schiedsrichter/in sind und Lust darauf haben, ermutigen die Prüfung abzulegen und Schiedsrichter/in zu werden. Dieses Hobby macht extrem viel Spaß, ist abwechslungsreich, herausfordernd und prägend.

Wichtig war und ist mir, dass der Spaß nicht zu kurz kommt. Die Schiedsrichterei ist ein Hobby. Ein Hobby soll Spaß machen. Mit jedem Einsatz steigt die Erfahrung. In jedem Spiel kann etwas gelernt werden.

Wie auch oben beschrieben ist Demut ein unheimlich wichtiges Gut, welches immer wieder vor Augen geführt werden sollte, wenn es in der Laufbahn weitergehen soll.

 

SWFV: Bei den Spielern sind Erfolgsmomente wie ein Tor für das eigene Team offensichtlich. Erleben Unparteiischen während der 90 Minuten ebenfalls Erfolgserlebnisse?

Bauer: Generell ist es ein Erfolgserlebnis, wenn ich als Schiedsrichter dazu beitrage, dass das Spiel läuft und viele Menschen daran Spaß haben. Wenn ich an bestimmte Dinge denke, dann natürlich wenn kritische und schwierige Entscheidungen letztendlich richtig getroffen wurden. Zudem ist es ein Erfolgserlebnis, wenn ich einer Mannschaft einen Vorteil gebe und dieser auch genutzt wird und die Mannschaft eine gute Torchance erlangt, wenn nicht sogar ein Tor erzielt.

 

SWFV: Was war das Highlight deiner bisherigen Schiedsrichter-Laufbahn?

Bauer: Es sind viele Highlights die ich in meiner Laufbahn bisher erleben durfte. Ich durfte den FC Everton in der Opel Arena gegen Mainz 05 winken, ich durfte das Topspiel der Regionalliga Südwest zwischen Kickers Offenbach und Saarbrücken vor ca. 11 000 Zuschauern winken. Als Schiedsrichter war es das Oberligaspiel zwischen Eintracht Trier und FC Homburg. Generell hatte ich immer aufs Neue Fahrten mit meinen Teams, die mir sehr viel Spaß gemacht haben und immer ein Highlight waren. Alles aufzuzählen würde den Rahmen sprengen, aber ich denke gerne an ganz viele persönliche Highlights zurück.

 

SWFV: Mit welchen Zielen gehst du in die neue Saison? Was sind deine langfristigen Ziele als Schiedsrichter?

Bauer: Zunächst möchte ich in meinen neuen Aufgaben Fuß fassen und in den neuen Spielklassen ankommen. Ich möchte alle meine Spiele nach bestem Wissen und Gewissen leiten und gute Leistungen zeigen. Wie es langfristig mit meiner Laufbahn dann weitergeht, wird sich zeigen.

 

SWFV: Wir danken dir für das Interview und wünschen dir viel Erfolg in der neuen Spielzeit!

 

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