Sportschau: Der größte Gegner ist das Klischee – 50 Jahre Frauenfußball

12.08.2020
Wohlleben Bärbel

„Sportschau: Der größte Gegner ist das Klischee – 50 Jahre Frauenfußball“ - Am Sonntag, 16. August 2020, um 18:30 Uhr im Ersten 

 

„Ich nehme an, wer die dicksten Beine hat, der gewinnt.“ Die Anfangsjahre des Frauenfußballs in Deutschland waren mitunter geschmacklos. Nicht der Sport auf dem Rasen, die Kommentare im Fernsehen. Die Damen in kurzen Hosen wurden belächelt und verbal weggegrätscht: „Welche Mädchen und Frauen zieht es überhaupt zum Fußball? Sie, um ein paar Energien, ein paar Pfunde loszuwerden. Sie, vielleicht in der Hoffnung, die weite Welt des Fußballs verbreite angenehmere Düfte, als die des Kochtopfs.“ Sie hatten es nicht einfach, die Fußballerinnen jener Zeit.“ 

 

Bis 1970 war es Frauen in Deutschland verboten, im Verein Fußball zu spielen. Das ist 50 Jahre her und in diesen 50 Jahren hat sich vieles verändert. „Der größte Gegner ist das Klischee - 50 Jahre Frauenfußball“ erzählt von selbstbestimmten starken Frauen, die ihren Weg gegangen sind und gegen alle Widerstände Fußballerinnen geworden sind.

 

Darunter Bärbel Wohlleben, Jahrgang 1943. Wohlleben wurde mit dem TuS Wörrstadt erster Deutscher Frauenfußballmeister und sie ist die erste Frau, der das Kunststück gelang,  ein „Tor des Monats“ zu erzielen. Das war 1974. Klaus Schwarze, ehemaliger Redakteur der ARD Sportschau, erinnert sich: „Das war eine heftige Diskussion, wie damals über Frauenfußball diskutiert wurde in der Sportschau-Redaktion. Damals war Chauvinismus noch ein komplettes Fremdwort.“ Dieses Tor des Monats war bahnbrechend für den Frauenfußball, Inspiration und Motivation zugleich. „Es war eine Werbung für den Frauenfußball in den 70ern. Für mich war das motivierend als Elfjährige. Ich ging in dieser Zeit zum ersten Mal in den Verein. Da hatte man das Gefühl gehabt, ich bin ja nicht alleine, die Fußball spielt. Da gibt es ja noch mehrere“, erinnert sich etwa Silvia Neid.

 

Der Film erzählt diese und viele weitere überraschende Geschichten aus 50 Jahren Frau am Ball. Zum Beispiel: Das Wunder von Taipeh 1981 – als die SSG 09 Bergisch-Gladbach bei der inoffiziellen Frauenfußball-WM in Taiwan den Titel holte.

 

 

Oder die Länderspielpremiere 1982. Mit dabei, die heutige DFB-Vizepräsidentin Hannelore Ratzeburg: „Ich muss schon sagen, dass ich sehr nervös war. Es hatten sich all die großen Herren angemeldet. Aber, ich wusste auch nicht, was passiert, wenn wir das in den Sand setzen.“ Setzten sie nicht. 5:1 war das Endergebnis gegen die Schweiz.

 

Und auch vom Frauenfußball in der DDR. Turbine Potsdams Trainerlegende Bernd Schröder: „Wir hatten durch unsere Verfassung die Gleichberechtigung der Frau festgeschrieben. Deshalb hatten wir nie das Problem, dass wir verboten waren. Aber wir wurden auch nicht gefördert, weil wir keine olympische Disziplin waren.“

 

Die großen Erfolge und der erste Titel dürfen nicht fehlen: Europameister 1989. Silvia Neid: „Das war ein Megameilenstein. Das war nochmal die Auferstehung, der Durchbruch des Frauenfußballs.“

 

In der heutigen Zeit unvorstellbar ist der Umgang mit dem ewigen Klischee „Fußballerin = Lesbe“. Jessica Wich: „Frauen sind mutiger. Frauen stehen mittlerweile einfach dazu, was sie wollen, was sie glücklich macht.“

 

Mit dabei sind Bibiana Steinhaus, Silvia Neid, Nia Künzer, Pauline Bremer (VfL Wolfsburg), Merle Barth (Turbine Potsdam), Jessica Wich (Bayer Leverkusen), Bärbel Wohlleben, Hannelore Ratzeburg und Felicia Mutterer (Journalistin). Autor Jürgen Schmidt hat diese und weitere spannende Protagonistinnen und Protagonisten getroffen, mit ihnen gesprochen, viel gelacht und viel mitgenommen. Herausgekommen ist ein 48-minütiges Feature, dass beweist, dass die Zeiten, in denen im Frauenfußball das Klischee der größte Gegner war, glücklicherweise Geschichte sind.